Haus, Anton von: Brief an Lucia von Fries-Skene. Pola, 30.11.1916 - 8.12.1916
vor körperlich, geistig oder moralisch
ganz mißratenen Kindern sicher.
Als mir im Anfange unserer Be=
kanntschaft - ich glaube sogar schon im
Juli - ganz unwillkürlich die indiskre=
te Frage entschlüpfte, ob Sie Kinder
haben - fragte ich, Unglücksmensch, nicht
sogar: „u. Keine gehabt? - u. Sie in ei=
ner mir unvergeßlichen, ablehnen=
den (?) Art den Kopf schüttelten, gab es
mir einen schmerzlichen Stich - (Tom,
mit dem Rippenstoß, hat wieder recht.) -
Aber von einer Frau, wie Sie, mit
einem Gatten, wie den Ihrigen, so
zu schreiben, wie Sie geschrieben,
muß ich als grausam empfinden.
Und da werfen Sie mir meine
Lebensmüdigkeit vor! Habe ich
Ihnen erzählt, wie ich viele, viele
hundertmale vor dem Einschlafen
geseufzt habe: „Ach, nicht mehr auf=
wachen!“ Lange, lange vor mei=
ner Heirat u. auch dann, ohne ir=
gend einen positiven Grund. Ja, auf
den weiten Fahrten in den Ozeanen,
wo ich das Leben immer besonders
genoß, wurde es meine Gewohn=
heit. Selten vergaß ich auf dieses
Nachtgebet. Tausend Meilen vom
Lande so einfach auf den Meeres=
grund versenkt zu werden, dies
wäre doch, neben dem idealen Ab=
leben, die denkbar einfachste,
für die Zurückbleibenden schmerzlo=
seste Art des Verschwindens aus