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5.XII. Heute war wieder Kino. – Dann ver=
sank ich in Ihren letzten Brief, über eine
Stunde lang. Ihre lieben, lieben Worte ü=
ber meine Frau u. Söhne haben mich tief
gerührt u. mit sehr warmen Gefühlen des
Dankes für Sie erfüllt. Wissen Sie, wovor
mir sehr oft bangt?– Vor Mißverständ=
nissen. Fast in jedem Ihrer lieben Briefe
finde ich Stellen, die mir nicht klar sind; ich
erinnere mich nicht mehr, was u. wie
ich Ihnen geschrieben u. wie ich zur Miß=
deutung meines Gedankenganges An=
laß gegeben haben kann, die ich in Ih=
rem Briefe dann finde. Können Sie in
meinen Worten je den Sinn gefunden
haben, als ob Tom sich mit dem Gedanken
an den „Schluß des Kapitels“ so ziemlich
leicht abfinden könnte? Mit meiner Be=
merkung, daß ich das Ende unserer Freund=
schaft nicht erleben möchte, wollte ich doch
gerade das Gegenteil sagen. – Wenn lan=
ge kein Lebenszeichen von der lieben
Freundin kommt, sehe ich in den letzten
Briefen nur mehr die Vergangenheit der
Freundschaft, d. h. daß sie vor 8 Tagen
noch gewiß war, aber in der Gegen=
wart sehe u. fühle ich sie erst, wenn
wieder ein Brief kommt, wo ich es
schwarz auf weiß sehen u. – ach wie
warm! – fühlen kann.– (Kommt
morgen schon einer? oder erst über=
morgen?–) So erneuert sich in mei=
ner Frau immer wieder jedesmal
die Angst, wenn von einem Sohne
10-14 Tage lang kein Brief kommt.
Sowie das Erwarten neuer Nachricht be=
ginnt, sinkt das letztgemeldete Wohlbefinden
in die Vergangenheit u. die Gegenwart ist
5.XII. Heute war wieder Kino. – Dann ver=
sank ich in Ihren letzten Brief, über eine
Stunde lang. Ihre lieben, lieben Worte ü=
ber meine Frau u. Söhne haben mich tief
gerührt u. mit sehr warmen Gefühlen des
Dankes für Sie erfüllt. Wissen Sie, wovor
mir sehr oft bangt?– Vor Mißverständ=
nissen. Fast in jedem Ihrer lieben Briefe
finde ich Stellen, die mir nicht klar sind; ich
erinnere mich nicht mehr, was u. wie
ich Ihnen geschrieben u. wie ich zur Miß=
deutung meines Gedankenganges An=
laß gegeben haben kann, die ich in Ih=
rem Briefe dann finde. Können Sie in
meinen Worten je den Sinn gefunden
haben, als ob Tom sich mit dem Gedanken
an den „Schluß des Kapitels“ so ziemlich
leicht abfinden könnte? Mit meiner Be=
merkung, daß ich das Ende unserer Freund=
schaft nicht erleben möchte, wollte ich doch
gerade das Gegenteil sagen. – Wenn lan=
ge kein Lebenszeichen von der lieben
Freundin kommt, sehe ich in den letzten
Briefen nur mehr die Vergangenheit der
Freundschaft, d. h. daß sie vor 8 Tagen
noch gewiß war, aber in der Gegen=
wart sehe u. fühle ich sie erst, wenn
wieder ein Brief kommt, wo ich es
schwarz auf weiß sehen u. – ach wie
warm! – fühlen kann.– (Kommt
morgen schon einer? oder erst über=
morgen?–) So erneuert sich in mei=
ner Frau immer wieder jedesmal
die Angst, wenn von einem Sohne
10-14 Tage lang kein Brief kommt.
Sowie das Erwarten neuer Nachricht be=
ginnt, sinkt das letztgemeldete Wohlbefinden
in die Vergangenheit u. die Gegenwart ist